Welche Leine für welchen Zweck?

Es soll ja Hundebesitzer geben, die nur eine Leine besitzen. Hab ich mir sagen lassen. Ich gehöre definitiv nicht dazu. Wer bei mir zu Hause rein kommt, kann sofort erahnen, dass ich eine besondere Affinität zu Hundeleinen habe – denn im Flur hängen viele. Und damit meine ich nicht 3 oder 7, auch nicht 10… Gezählt habe ich sie nicht, aber schätzungsweise besitze ich an die 40 Leinen. Das ist kein Witz.

Ich habe jegliche Art von Leine, in allen Farben, Längen, Materialien und Ausführungen. Und das krasseste ist: Ich suche sie farblich passend zu meinen Klamotten aus. Das ist mein Ernst. Es gab Zeiten, in denen ich ZUERST die Leine ausgesucht habe und DANACH mein Outfit. Das klingt ein bisschen verrückt, das gebe ich zu… Aber jeder ist anders komisch, wie meine Mutter immer so schön sagt. Ich finde, das ist eine harmlose Verrücktheit. Und ich kann jedenfalls behaupten, mich mit Leinen auszukennen.

Im Normalfall, also ohne Leinentick, braucht man 2-3 Leinen im Alltag mit dem Hund. Hier will ich Dir die gängigsten Varianten und ihre Einsatzmöglichkeiten einmal vorstellen.

Verstellbare Leine mit 2 Karabinern

Sie ist meist um die 2 Meter lang und hat mehrere Ringe als Verstellmöglichkeit. Dadurch ist sie in der Länge variabel und für viele Situationen geeignet. An der Straße kann ich sie ganz kurz machen, im Park für mehr Bewegungsfreiheit länger. Außerdem kann ich sie als Umhängeleine tragen. Im Restaurant kann ich den Hund auch mal am Tischbein anhängen. Wer oft und viel an der Leine spazieren gehen will oder muss, kann die verstellbare Leine noch etwas länger wählen (z.B. unsere Komfort-Länge mit 2,80m).

Kurze Leine

Jetzt fragst Du Dich vielleicht, warum Du noch eine kurze Leine brauchen solltest, wenn die verstellbare Leine doch auch kurz eingestellt werden kann. Die kurze Leine ist vor allem im Hundetraining unabkömmlich. Dadurch, dass die verstellbare Leine in der kurzen Einstellung ja doppelt genommen wird, hast Du sehr viel „mehr Leine“ in der Hand und zu verstauen, wenn Du mit dem Hund in der Freifolge übst. Im Training sollte die Leine schnell in der Tasche verstaut sein, damit sie dem Hund nicht ins Gesicht hängt, wenn Du Dich mal zu ihm herunter beugst. Ich benutze auch im Alltag hauptsächlich die kurze Leine, da meine Hunde, wo es möglich ist, frei laufen oder eben an der kurzen Leine neben mir hergehen. Für den Freilauf finde ich es praktisch, wenn die Leine einen Ring in der Handschlaufe hat, so dass ich mir die Leine gut umhängen kann.

Flexi-Leine

Wenn Du meinen Blog-Artikel zum Thema Leinenführigeit gelesen hast, kannst Du Dir wahrscheinlich schon denken, was ich von Flexi oder Roll-Leinen halte. Der Hund lernt hier, an der Leine zu ziehen, denn die Flexi-Leine ist ja immer gespannt und auf Zug geht es vorwärts. Für mich ist die Flexi überhaupt nur eine Option, wenn sie am Geschirr eingehängt wird und bei Hunden, die aufgrund ihrer Jagdpassion oder Ängstlichkeit keinerlei Chance auf Freilauf haben. Aber auch da würde ich immer eine Schleppeine bevorzugen. Ich finde diese Roll-Leinen generell im Handling sehr unpraktisch. Der schwere, klobige Plastikgriff, den ich auch in brenzligen Situationen nur mit einer Hand halten kann, geht für mich gar nicht. Außerdem sehe ich oft völlig unerzogene Flexi-Hunde, die kein Rückrufsignal kennen, weil man ja einfach aufs Knöpfchen drücken und den Hund wie einen Fisch an der Angel einholen kann. Ok, Du kannst es Dir denken – ich habe zwar 40 Leinen, aber keine einzige Flexi in meiner Sammlung. Und das wird auch so bleiben.

Schleppleine

Die Schleppleine ist eine lange Leine zwischen ca. 3 und 30 m, die dem Hund Freiraum und dem Hundeführer trotzdem Kontrolle ermöglicht. In vielen Situationen oder Trainingsphasen macht die Schleppleine Sinn. Im Urlaub, wenn man in unbekannten Gebieten unterwegs ist, wo vielleicht auch Leinenpflicht besteht. Während der Brut- und Setzzeit, in der man vielerorts mit Hund nur an der Leine im Wald spazieren gehen darf. Im Training auf Distanz, beim Rückruf-Training, im Anti-Jagdtraining, bei Angst-Hunden, die im Zweifel davon laufen, wenn sie sich erschrecken. Bei jungen Hunden, die gerade gerne mal ihre Grenzen und die Konsequenz ihres Menschen testen. Die Schleppleine hat den Vorteil, dass man sie auf dem Boden „schleppen“ lassen kann, entweder mit Handschlaufe in der Hand oder nur als Option, um sie schnell aufzunehmen oder drauf zu treten, wenn der Hund nicht macht was er soll.

Zugegebenermaßen birgt sie auch Unfallgefahr. Ich hatte z.B. meinen jungen, jagdlich sehr interessierten 28 kg-Labrador an der 30-Meter-Schleppleine und habe ihm einen Belohnungsball geworfen, weil er sehr schön zurück kam trotz Wild am Horizont.  Blöd nur, dass ich mit einem Fuß in einer Schlinge der Schleppleine stand, als die Leine zu Ende war…. Aua. Das tat weh. Das Handling mit der Schleppleine will also gelernt sein, in punkto Verheddern ist die Flexi da wohl einen kleinen Schritt voraus. Trotzdem überwiegen für mich klar die Vorteile der Schleppleine. Der Hund lernt nicht, an der Leine zu ziehen, weil diese nur die Absicherung ist. Ich gebe ihm trotz Schleppleine die gleichen Kommandos  wie später ohne Leine und tue mich dann beim Abbau der Leine viel leichter. Die Schleppleine ist häufig nur ein Mittel, das übergangsweise gebraucht wird, um Verhalten zu üben, das dann später ohne Absicherung durch die lange Leine auch klappt. Vorbereitung für ganz viel Freiheit ohne Leine sozusagen.

Moxon- oder Retrieverleine

Die sogenannte Moxonleine gewinnt immer mehr an Beliebtheit, auch unter Nicht-Retriever-Besitzern. Das besondere an dieser Leine ist, dass sie Halsband und Leine gleichzeitig ist. Es handelt sich quasi um eine Schlinge, die dem Hund locker um den Hals gelegt wird und deren langes Ende mit Schlaufe die Leine ist. Bei Zug an der Leine zieht sich die Schlinge zusammen, so dass der Hund nicht heraus schlüpfen kann. Ein Würgestopp verhindert das Strangulieren. Diese Art von Leine kommt aus der jagdlichen Arbeit mit Retrievern, die beim Apportieren aus dem Wasser und im Unterholz kein Halsband tragen können, um nirgends hängen zu bleiben. Moxonleinen sind meist aus ziemlich dünnem Seil gefertigt und sind so klein und leicht in der Tasche zu verstauen. Alles tolle Eigenschaften, die ich sehr mag an diesen Leinen. Daher habe ich davon auch sehr viele in verschiedene Farben (man muss ja gut Aussehen, wenn man im Wald Dummytraining mit dem Hund macht). Ich muss aber betonen, dass Moxonleinen was für Fortgeschrittene sind. Man kann sie falsch anlegen und durch den kleinen Durchmesser kann sich der Hund auch verletzen, wenn er in so eine Leine hinein springt. Retrieverleinen sind eindeutig was für Fortgeschrittene und nur für sehr leinenführige Hunde geeignet!

Leinen-Materialien

Hundeleinen gibt es vielen verschiedenen Materialien und Ausführungen. Ob Gurtmaterial, Tau, Leder, Biothane, flach oder rund, geflochten oder einfach – das alles ist reine Geschmackssache. Und natürlich abhängig von der Größe und dem Trainingsszustand meines Hundes. Ich persönlich bevorzuge möglichst schmale, leichte Leinen, die ich in der Hand kaum spüre – aber das setzt natürlich eine sehr gute Leinenführigkeit voraus. Am allerwichtigsten sind mir gute Verarbeitung, Langlebigkeit und Robustheit. Und dass sie farblich zu meinem Outfit passt. 😉

Bis bald,

Deine Nora