Leinenführigkeit – Ein Dauerthema

Zum Thema Leinenführigkeit hat wohl jede/r Hundeführer/in irgendwas zu sagen. Meistens, weil sie nicht so funktioniert, wie man es sich wünscht. Hunde, die in der Leine hängen und eher mit ihrem Menschen spazieren gehen als umgekehrt, sehe ich fast täglich auf der Straße. Spätestens, wenn ein andere Hund oder eine Katze über die Straße läuft, ist es bei vielen vorbei mit der Contenance. Vor allem bei großen, kräftigen und temperamentvollen Hunden wird so der Gang an der Leine auch schnell gefährlich.

Ich erinnere mich da zum Beispiel an eine Geschichte, wie meine Mutter mit unserer damaligen Familien-Leonberger-Hündin Donna an der Leine spazieren ging. Ich war damals etwa 16, hatte gerade erst angefangen, mich mit Hundeerziehung und -training zu beschäftigen und ja, ich gebe zu, die Sache mit der Leine hatten wir damals noch nicht besonders gut hinbekommen. Das Ende vom Lied war, dass meine Mutter ziemlich gestürzt ist, weil Donna mit ihren 45 kg Lebensgewicht an der Leine gezerrt hat und meine Mutter sie davon abhalten wollte, auf die Straße zu rennen. Dem Hund ist nichts passiert, Mama hat sich auch wieder erholt, aber solche brenzligen Situationen braucht wirklich niemand. Mal davon abgesehen, dass es natürlich auch nicht gesund ist, weder für den Oberarm des Menschen noch den Hals des Hundes, wenn der 45-Kilo-Leonberger in der Leine hängt.

Die Frage ist also, wie bringe ich dem Hund richtig bei, an der Leine zu laufen?

Eins vorweg: In diesem Artikel soll es nicht um Leinenaggressivität oder Anti-Jagd-Training gehen. Das ist dann schon was für Fortgeschrittene und bedarf unter Umständen auch dem geschulten Auge eines erfahrenen Hundetrainers oder Hundetrainerin. Ich möchte heute erklären, wie ich meinem Hund beigebracht habe, ohne zu ziehen an der Leine neben mir her zu gehen.

Zuallererst finde ich es sehr wichtig zu wissen, wie die Übung für mich am Ende aussehen soll. Das gilt eigentlich für alles im Hundetraining. Denn wie soll ich meinem Hund erklären, was ich von ihm möchte, wenn ich selbst nicht weiß, was dabei raus kommen soll?

Das ist meiner Meinung nach eins der größten Probleme bei der Leinenführigkeit – dass viele Menschen sich das gar nicht überlegen.

Leine dran an den Welpen und los – wird schon irgendwie! Ja genau, dann wird’s halt irgendwie.

Dabei sind es ganz schön viele Kriterien, die eine Rolle spielen können.

  • Auf welcher Seite von mir soll der Hund laufen? Immer auf der selben? Immer da wo ich de Leine halte? Auf der Seite, die ich vorgebe?
  • Auf welcher Höhe neben mir soll er gehen? Darf er vor mir oder hinter mir sein oder doch lieber ziemlich genau neben mir? Oder darf er die Leine ausnutzen, egal wie lang sie ist, Hauptsache er zieht nicht?
  • Darf er schnuppern, pinkeln (ja, auch einem Rüden kann man beibringen, an der Leine nicht überall das Bein zu heben – ich spreche aus Erfahrung!), von selbst die Seite wechseln?

Du siehst, da gibt’s doch so einiges zu bedenken. Es geht nicht darum, möglichst viele Kriterien festzulegen, sondern einfach drüber nachzudenken, wie man sich die ganze Sache vorstellt. Und dann geht’s natürlich darum, wie ich das meinem Hund verklickere!

Kurz auf den Punkt gebracht: Hunde sind Opportunisten.

Sie machen immer das, was ihnen was bringt. Und lassen irgendwann das, was ihnen nichts bringt. In Bezug auf die Leine bedeutet das: Zieht mein Hund und kommt er dadurch vorwärts, was er in diesem Moment möchte, wird er das immer wieder probieren. Zieht mein Hund und es geht nicht weiter oder sogar in die andere Richtung, wird er das mit dem Ziehen lassen. Geht er so neben mir, wie ich es mir vorstelle und bekommt dafür Lob oder eine Belohnung, wird er das öfter machen. Das Prinzip ist klar, oder? Ziehen bringt nix, neben mir gehen wird belohnt – so einfach ist das.

Ja und warum funktioniert das in der Praxis manchmal dann doch so schlecht?

Weil da noch die Sache mit der Konsequenz ist. Und die spielt bei der Leinenführigkeit eine extrem wichtige Rolle. Ich muss IMMER stehen bleiben/die Richtung wechseln, wenn mein Hund zieht. Und mit immer meine ich immer. Egal ob ich mich unterhalte oder einen Termin habe, zu dem ich muss… Immer heißt immer. Ich bin tatsächlich schon zu spät zu Geschäftsterminen gekommen, weil mein Hund immer wieder gezogen hat. Denn das Problem ist, dass einem schnell kleine Fehler unterlaufen, weil man halt ein Mensch ist… und der Hund dann doch mal eine halbe Sekunde schneller voran kommt, indem er zieht. Je nach Hundetyp reicht das leider schon. Eine Freundin von mir mit ihrem extrem ausdauernden und leicht beratungsresirstenten Australian Shepherd kann ein Lied davon singen. Wenn der von 50 Versuchen auch nur einmal 1 cm Raum gewinnt, verbucht er das schon als Erfolg und probiert es immer wieder.

Also, Ausdauer ist angesagt.

Du musst ausdauernder sein als Dein Hund. Jaaa, und das klingt nicht nur anstrengend, das ist es auch. Aber: Es lohnt sich. Die Versuche werden weniger, irgendwann hören sie quasi ganz auf. Und Du hast einen Hund, der entspannt an lockerer Leine neben Dir her läuft. Natürlich geht das nicht von jetzt auf gleich und unter Ablenkung. Daher solltest Du die ersten Versuche ganz in Ruhe drinnen oder im Garten machen, wo möglichst wenig Ablenkung herrscht. Dann steigerst Du die Ablenkung nach und nach. Mir ist es vor allem wichtig, dass mein Hund nicht am Halsband zieht, einfach aus gesundheitlichen Gründen. Von daher ist es eine Möglichkeit, den Hund am Geschirr zu führen, wenn man es mal nicht so genau nehmen kann. Und mit dem Halsband übt man dann in Ruhe und wenn man gerade genügend Geduld und Spucke aufbringen kann.

Jetzt wünsche ich Dir viel Spaß und Erfolg beim Training!

Bis bald,

Deine Nora